"Bridget Jones' Baby" mit Renée ZellwegerSie kann nur Ulknudel
15 Jahre sind seit dem ersten Bridget-Jones-Film vergangen. Nun kommt Teil drei in die Kinos. Die Produktion setzt auf den bewährten Mix aus Tollpatschigkeit, Fettnäpfchen und Männerproblemen - leider.
VonJenni Zylka
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Früher hat Bridget Jones ( Renée Zellweger) ihr berühmtes Tagebuch geführt. Hat darin über sich und über ihr Gewicht geschrieben, über ihr Scheitern und über ihre Männer. Heute hat sie dafür kaum noch Zeit: Jones ist - nach der Trennung von Mark (Colin Firth) - zur Redaktionsleiterin eines Fernsehmagazins aufgestiegen. Sie verantwortet eine Nachrichten-Livesendung inklusive Politikergesprächen und Live-Schalten.
An ihrem Geburtstag will sie es dennoch krachen lassen und begleitet ihre beste Freundin (Sarah Solemani) zu einem Musikfestival. Dort landet Bridget erst mit den festivaluntauglichen Highheels im Schlamm, später im Bett des charmanten Westentaschentherapeuten Jack (Patrick Dempsey). Weil sie aber ein paar Tage danach zufällig auf ihren Exfreund trifft und in dessen Gegenwart ebenfalls von Leidenschaft übermannt wird, findet sich die Heldin in der neuen Helen-Fielding-Adaption "Bridget Jones' Baby" schwanger - und vor der Frage stehend: Wer von beiden ist der Vater?
Regisseurin Sharon Maguire kennt den Stoff: 2001 inszenierte sie auch die erste, erfolgreichste Fielding-Adaption "Schokolade zum Frühstück" und installierte die Hauptdarstellerin Zellweger damit als Voll-Körper-Comedian. Den zweiten, hastiger und ideenärmer aufgearbeiteten Teil "Am Rande des Wahnsinns" mit dem identischen Darstellertrio Zellweger, Firth und Hugh Grant verantwortete 2004 die Regisseurin Beeban Kidran. Beide Filme beziehen ihren harmlosen, auf ähnliche Slapstick-Effekte setzenden Humor aus dem Gegensatz zwischen der tölpeligen, explosiven Bridget und dem überkorrekten, aber innerlich für Bridget brennenden Mark. Zudem setzen beide Filme voll auf die Protagonistin als Identifikationsfigur - ihre Unperfektheit, behaupteten die Chaosszenen in den Bridget-Filmen genau wie die vielen Fans, mache sie so liebenswert.
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"Bridget Jones' Baby": Sie steht immer noch zwischen zwei Männern
Foto: ddp images
Wie die durch angebliche Schönheitsoperationen in die Boulevardschlagzeilen geratene Zellweger diese Unperfektheit heute spielt, wo ihr Körper doch, anstatt zu altern, immer mehr nach strengstem Reglement aussieht, macht also neugierig. Tatsächlich ist "Bridget Jones' Baby" ein Film, bei dem man sich zuerst ein wenig an das neue, unbeweglichere Antlitz Zellwegers gewöhnen muss. Was kein Problem darstellt - denn Jones' Aussehen ist nebensächlich, Humor sollte schließlich keine Frage von Gewicht oder Faltentiefe sein. Und Zellwegers Wille zum Körpereinsatz, ihr Gefühl für Timing und eine sichtbare Hingabe an ihre (britische) Rolle haben sich nicht geändert.
Die Zeiten allerdings schon: Bis auf wunderbar überkandidelte Witzegewitter im Newsroom, in dem Bridget sich in Privatgesprächen ergeht, anstatt der Moderatorin schlaue Fragen an einen vermeintlichen Staatsführer in den Knopf im Ohr zu sprechen, und ein paar Szenen mit der stets gern gesehenen Emma Thompson als Gynäkologin, hat sich die Geschichte strukturell zu wenig weiterentwickelt. Immer noch steht Bridget zwischen zwei Männern, bei denen von Anfang an klar ist, wer Hop und wer Flop sein wird, setzt sich in alle Fettnäpfchen, singt zu verrückten Songs mit und wickelt die Aspiranten auf die Vaterstelle mit ihrer Tölpelhaftigkeit um den Finger.
Der neue Bridget-Jones-Film erzählt insofern exakt das Gleiche wie seine Vorgänger - in ein paar anderen Situationen, mit einem ausgewechselten Mitspieler und mit einer ganz klaren, noch nicht mal im Ansatz zur Diskussion stehenden Aussage für die klassische Familienkonstellation. Vermutlich, weil eine internationale, durch viele US-Gelder finanzierte Komödiengroßproduktion wie diese zum Thema Abtreibung wirklich keine Witze machen kann und auch das ganze schwierige Sujet der Pränataldiagnostik (Bridget ist bei ihrer ersten Schwangerschaft über 40) ausblenden muss.
Doch irgendwie bleibt so nicht genug zum Erzählen übrig. Und der Rest des Ulknudel-Kuddelmuddels um die zeitweilige Ménage-à-trois schafft es nicht, über zwei Stunden tatsächlich suffizient zu unterhalten, sondern offenbart Längen und überflüssige Situationen. Dass der prachtvolle Mark Darcy, von Colin Firth gewohnt gehemmt und überzeugend dargestellt, seine hochschwangere Geliebte im Showdown ausgerechnet durch eine den beiden entgegenkommende Demonstration für Frauenrechte, und damit buchstäblich aus ihrer Rolle als aktive, kämpferische Frau hinaus- und in das neue Leben als Mutter hineinträgt, nennen Regisseurin und Hauptdarstellerin im Interview zufällig.
Aber das Bild ist da - und bleibt. Was in den früheren Filmen die Beschäftigung mit ihrem Körper und die leidige Frage nach den Abhängigkeiten zwischen Aussehen und Glück darstellte, darf im neuen Film nur kurzzeitig einer moderneren, immer noch amüsanten, aber selbstbewussteren Geschäftigkeit weichen. Hoffentlich darf Bridget nach der Babypause wenigstens zurück in ihren Job.
Im Video: Der Trailer zu "Bridget Jones' Baby"
GB/IRL/F/USA 2016
Regie: Sharon Maguire
Drehbuch: Helen Fielding, Emma Thompson, Dan Mazer
Darsteller: Renée Zellweger, Colin Firth, Patrick Dempsey, Jim Broadbent, Gemma Jones, Emma Thompson, Shirley Henderson, James Callis
Produktion: Miramax Films, StudioCanal, Universal Pictures, Working Title Films
Verleih: StudioCanal Deutschland
Länge: 123 Minuten
Start: 20. Oktober 2016
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